Zum Indianerspielen gehörte es sich dass man einen Flitzebogen hatte . Man musste lernen ihn sich selber zu machen . Dafür schnitt man sich einen schönen glatten Ast von einer Birke , das war am besten weil man die leicht biegen konnte .
An beiden Enden schnitzte man eine Kerbe und daran befestigte man Packetschnur , womit man dann den Bogen spannen konnte . . Und die Pfeile schnitzte man auch aus dünnen geraden Ästen .
Am dünneren Ende schnitzte man eine Kerbe damit der Pfeil nicht abrutschte auf der Schnur , und am dickeren Ende schnitzte man die Spitze . Das war wichtig damit die Pfeile auch richtig fliegen konnten .
Man konnte damit recht weit schiessen . Natürlich war es verboten auf Kinder zu schiessen oder auf Hühner und Enten oder Katzen und Hunde oder Vögel . Am besten war es wenn man sich
nicht sehen liess wenn man mit Pfeil und Bogen unterwegs war . Und am besten war es auch die Sachen zu verstecken bevor man nachhause ging .
Maxl konnte recht gut damit umgehen und er traf fast jeden Baum auf den er ziehlte . Wenn es Herbst war konnte man sogar auch gut auf Äpfel oder Birnen schiessen .
Manchmal aber gingen Pfeile doch verloren wenn man in die Luft schoss oder eben einen Baum nicht traf . Oder eben die Pfeile wurden mit der Zeit zu kurz weil man
die Spitze immer wieder neu schnitzen musste .
So kam es dass Maxl mal wieder durch den Wald streifte und nach geeignetem Holz für neue Pfeile suchte . Es gab genug Bäume , aber die Pfeile mussten ja schön gerade , nicht zu dick und nicht zu dünn sein ,
da bedurfte es schon grosser Sorgfalt bei der Auswahl .
Da war es schon ein grosser Zufall dass eine Amsel die ein paar Meter von ihm entfernt auf dem Boden sass , ihn von seiner Aufmerksamkeit ablenken konnte . Sie flog nicht weg als er ihr näher kam . Das schien ihm sehr verwunderlich .
Vorsichtig näherte er sich ihr und sie blieb immer noch sitzen , obwohl sie sehr verängstigt wirkte . Irgendwas schien mit ihrem Flügel nicht zu stimmen . Aber als Maxl nach ihr greifen wollte hüpfte die Amsel
mühsam ein paar Schritte weiter weg .
"Na du - was fehlt dir denn ? " fragte Maxl . "Bleib doch sitzen ich helfe dir ! " . Trotzdem hüpfte und flatterte die Amsel schwerfällig wieder weg sowie der Maxl nach ihr greifen wollte . "Armes Tier , bleib doch sitzen , ich will dir doch nur helfen ! "
Aber es schien so als wollte sich die Amsel nicht helfen lassen wollen . "Du bist doch verletzt ! - warum wartest du nicht ? "
Immer und immer wieder versuchte Maxl die Amsel zu greifen , aber sie war dann doch schneller als er und langsam ging ihm die Puste aus . Und je mehr sie sich ihm zu entziehen suchte , umso versessener wurde er darauf
die arme Amsel einzufangen . Er musste ihr doch helfen ! Aber das arme Tier kapierte das nicht .
"Ich will dich gesund pflegen" rief ihr Maxl zu , " du musst doch keine Angst haben ! "
Ja , er könnte die Amsel gesund pflegen wie das der Paul mit dem Raben gemacht hat . Und die Amsel könnte dann auch bei ihm bleiben wenn sie wieder gesund ist . Na ja , sie wäre nicht so gross wie der Jakob und
ob man einer Amsel den Namen Jakob geben könnte ...? Würde vielleicht nicht so gut passen . Aber egal , es wäre schön eine zahme Amsel haben zu können . Solche grossartigen Gedanken hatte Maxl , während die Amsel es immer wieder schaffte ihm zu entwischen .
Das ging eine ganze Weile so . Und Maxl wurde langsam wütend auf die arme Amsel die es einfach nicht einsehen wollte dass er es nur gut mit ihr meinte . Im Gegenteil , sie entfernte sich immer weiter von ihm und flatterte sogar auf den Ast von einem Baum .
Wenn sie noch einen Ast höher fliegen würde dann könnte er sie unmöglich fassen . Und Maxl wurde traurig und verzweifelt weil sich sein Traum von einer zahmen Amsel
nicht erfüllen würde . Und die Amsel flatterte tatsächlich beim nächsten Baum noch höher ....
Und Maxl wurde richtig wütend auf die arme verletzte Amsel , die wo sich nicht von ihm pflegen lassen wollte .
Dann blieb Maxl stehn . " Du bist wohl nicht genug verletzt Amsel !" sagte er , mehr zu sich selbst .
Und dann nahm Maxl seinen Bogen , legte den Pfeil an - und schoss .
So richtig wollte er eigentlich garnicht treffen . Nur ein bisschen mehr verletzen . Er hätte genauso gut garnicht treffen können .
Aber die Amsel fiel vom Ast und als sie unten war bewegte sie sich nicht mehr und war voller Blut .
Maxl hob die arme verletzte tote Amsel auf und war erschrocken . So tot wie sie in seiner Hand lag , hing alles so leblos an ihr herunter , die Flügel , der Kopf der nur noch halb war - und sie tat ihm leid . Nun konnte er sie doch nicht pflegen und alles ist umsonst gewesen .
Und - Maxl hatte auf einen Vogel geschossen , wo man das doch garnicht durfte ! Er würde das bestimmt niemandem erzählen - und schon garnicht dem Georg . Und einen Jakob würde er auch nie wieder wollen ....